Für eine Krankschreibung müssen Patient*innen ab heute nicht mehr zwingend eine ärztliche Praxis aufsuchen. Sofern keine Videosprechstunde möglich ist, kann nun auch nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden. Dabei gilt jedoch: Die Patient*innen müssen in der jeweiligen ärztlichen Praxis bereits bekannt sein. Zudem darf keine schwere Symptomatik vorliegen, denn in diesem Fall müsste die Erkrankung durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung abgeklärt werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in der heutigen Plenumssitzung eine Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) beschlossen. In der AU-RL wird festgelegt, welche Regeln für das Feststellen und Bescheinigen der Arbeitsunfähigkeit von Versicherten durch Vertragsärzt*innen sowie im Rahmen des Entlassmanagements aus dem Krankenhaus gelten. Die ärztliche Feststellung und Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit – die sogenannte Krankschreibung – ist in der Regel die Voraussetzung für den Anspruch von gesetzlich Versicherten auf Entgeltfortzahlung oder Krankengeld. Zudem werden in der Richtlinie Empfehlungen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben gegeben.
Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde der G-BA durch § 92 Absatz 4a Satz 5 (neu) SGB V beauftragt, in seiner AU-RL die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen und ausschließlich für Patient*innen, die in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannt sind, auch nach telefonischer Anamnese zu ermöglichen, um sowohl die Patient*innen als auch die Ärzt*innen zu entlasten. Der G-BA hatte mit Beschluss vom 17. August 2023 das entsprechende Beratungsverfahren eingeleitet. Die telefonische Krankschreibung ist im Frühjahr 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie als Sonderregelung eingeführt worden und Ende März 2023 ausgelaufen.
Im Einzelnen wurden die folgenden Beschlüsse gefasst:
- Patient*innen müssen für eine Krankschreibung ab heute nicht mehr zwingend eine ärztliche Praxis aufsuchen. Sofern keine Videosprechstunde gem. § 4 Absatz 5 AU-RL möglich ist, kann nun auch nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden. Dabei gilt jedoch: Die Patient*innen müssen in der jeweiligen ärztlichen Praxis bereits bekannt sein. Zudem darf keine schwere Symptomatik vorliegen, denn in diesem Fall müsste die Erkrankung durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung abgeklärt werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann der*die Ärzt*in nach telefonischer Anamnese die Erstbescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit für bis zu 5 Kalendertage ausstellen.
- Besteht die telefonisch festgestellte Erkrankung fort, müssen Patient*innen für die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit die Praxis aufsuchen. Für den Fall, dass die erstmalige Bescheinigung anlässlich eines Praxisbesuchs ausgestellt wurde, sind Feststellungen einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auch per Telefon möglich. Ein Anspruch der Versicherten auf eine Anamnese und Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Telefon besteht nicht.
Davon bleibt die Regelung zur Krankschreibungen per Videosprechstunde unberührt, sofern die Praxis diese Möglichkeit anbietet und für die Diagnose keine persönliche körperliche Untersuchung notwendig ist. Die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mittels Videosprechstunde ist für eine*n dem*der Vertrags(zahn)ärzt*in unbekannte*n Versicherte*n bis zu drei Kalendertage und für bekannte Versicherte bis zu sieben Kalendertage möglich. Diese Regelung ist im vertragszahnärztlichen Bereich nur auf die Patient*innengruppen nach § 22a SGB V (Versicherte mit Pflegegrad nach § 15 SGB XI oder Leistungsberechtigte nach § 99 SGB IX) anwendbar, da nur für diesen Personenkreis zahnärztliche Videosprechstunden vereinbart sind.
Der Beschlusstext mit den Regelungsdetails wird in Kürze unter diesem Link veröffentlicht. Nähere Informationen zum Beschluss finden Sie in der zugehörigen Pressemitteilung des G-BA.