Mehr Lohn für Werkstattbeschäftigte? Studienergebnis veröffentlicht

Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beauftragte „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ sollte untersuchen, welche Möglichkeiten es gibt, das Entgeltsystem in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) weiterzuentwickeln. Darüber hinaus sollte herausgearbeitet werden, wie die Möglichkeiten Werkstattbeschäftigter zum Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden können. Es wurde zudem untersucht, welche Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehen. Auf fast 300 Seiten stellen die Forschenden nun ihre Ergebnisse vor und geben Handlungsempfehlungen ab.

Das Entgeltsystem sollte künftig so gestaltet sein, dass Beschäftigte bei einer Vollzeitbeschäftigung nicht mehr auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind, empfehlen die Forschenden: "Den gleichheitsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes, des EU-Rechts und der UN-BRK entspricht es am stärksten, die Geltung des Mindestlohns als Regelfall vorzusehen. Ausnahmen für Fälle, in denen die Rehabilitation ganz im Vordergrund steht, sind denkbar." (S. 273) Der Nachteilsausgleich durch erhöhte Rentenversicherungsbeträge sollte nicht an den Arbeitsort WfbM geknüpft sein. Die Forschenden empfehlen, den Ausschluss Werkstattbeschäftigter aus der Arbeitslosenversicherung zu überprüfen. Die Differenzierung zwischen einem Arbeitnehmer- und einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis wird als inklusionshinderlich beschrieben (S. 274).

Um Werkstattbeschäftigten den Weg in ein Beschäftigungsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern, werden mehrere Bausteine vorgeschlagen: Unter anderem gelte es, die Potentiale der Unterstützten Beschäftigung und des Budget für Arbeit auszuschöpfen, Beschäftigungsmöglichkeiten in Inklusionsbetrieben auszubauen, die Zahl ausgelagerter Arbeitsplätze zu erhöhen und in den WfbM ein professionell angelegtes inklusions- und Übergangsmanagement strukturell zu verankern und zu finanzieren. Der Übergang sollte als Phase angesehen werden, die mit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht endet, sondern auch weiterhin begleitet wird - so lange wie individuell notwendig. Es müsse schließlich auch sichergestellt werden, dass Beschäftigte nach dem Wechsel in einen Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes ihren Arbeitsplatz weiterhin gut erreichen können.

Mit dem Ziel der Ausgestaltung eines inklusiveren Arbeitsmarktes empfehlen die Forschenden unter anderem frühzeitige und regelmäßige Kontakte zwischen Förderschulen und Unternehmen und die "Ausgestaltung passgenauer und bedarfsorientierter Ausbildungsangebote in Betrieben für Jugendliche mit Beeinträchtigungen" (S. 267). Darüber hinaus wird empfohlen, den Berufsbildungsbereich "in Form von aus der WfbM ausgelagerten, inklusiv angelegten Bildungszentren zu konzipieren, die auch für andere Auszubildende mit Beeinträchtigungen zugänglich sind." (ebd.) Das bestehende Ausbildungssystem müsse flexibler und passgenauer auf die Bedarslagen unterschiedlicher Personengruppen ausgerichtet werden, unter anderem sollte die Möglichkeit zu einer verlängerten Ausbildung eröffnet werden. Mit Blick auf die Gesetzgebung der Länder bemängeln die Forschenden ein fehlende Recht auf Berufsschule für Menschen im Berufsbildungsbereich in den einzelnen Landeschulgesetzen.

Wenig Informationen enthält die Studie zur Situation von Menschen, die Leistungen der Tagesförderung in Anspruch nehmen. Wie die Teilhabe dieser ca. 39.000 Personen besser gefördert werden kann, solle in künftige Diskussionen stärker mit einbezogen werden, schreiben die Forschenden.