Anlässlich des Weltkindertages am 20.09.2023 fordert ein breites Bündnis von über 30 Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen die Bundesregierung erneut auf, das Recht auf Familienzusammenführung und somit auch den Koalitionsvertrag endlich umzusetzen.
Wie bereits im letzten Jahr fordern die unterzeichnenden Organisationen die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen mit Nachdruck auf, die im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungen beim Familiennachzug im nächsten Gesetzesentwurf vollumfänglich umzusetzen. Dabei muss der Verwirklichung des Grundrechts auf Familienleben der Betroffenen und der vorrangigen Achtung des Kindeswohls der beteiligten Kinder die oberste Priorität eingeräumt werden.
Mehr als zwei Jahre nach Verabschiedung des Koalitionsvertrags sind zahlreiche darin festgehaltene migrations- und asylpolitische Vorhaben weiterhin nicht umgesetzt. Hierunter fallen u.a. die Gleichstellung von subsidiär Schutzberechtigten mit GFK-Flüchtlingen, der Geschwisternachzug zu unbegleiteten Minderjährigen und die Aufhebung des Sprachnachweis-Erfordernisses für die Visaerteilung. Während Erleichterungen beim Familiennachzug jüngst durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz II für Fachkräfte umgesetzt wurden, werden durch Flucht getrennte Familien durch die Bundesregierung bisher übergangen.
Der Reformstillstand ist nicht weiter hinnehmbar! Ehe und Familie und die damit einhergehenden Rechte von Kindern stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes (Art. 6 GG), der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK), der europäischen Grundrechte-Charta (Art. 7 EU-GRCh) sowie internationaler menschenrechtlicher Verträge, wie der UN-Kinderrechtskonvention (Art. 3 UN-KRK, Art 10 UN-KRK u.a.). Die von der Bundesregierung selbst benannten Defizite bei der Familienzusammenführung stehen entsprechend nicht im Einklang mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik.
Darüber hinaus trägt ein intaktes Familienleben zur Integration bei. Die Familie kann emotionalen, sozialen und wirtschaftlichen Schutz bieten, sie kann Ort des Rückzugs und der Stabilität sein. Die jahrelange Trennung von der eigenen Familie hindert durch die enorme psychische Belastung hingegen mitunter daran, erfolgreich Deutsch zu lernen, die Schule zu besuchen oder eine Arbeitsstelle zu finden.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher unvermindert:
1. Den Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wiederherstellen.
2. Den Rechtsanspruch für Geschwister beim Elternnachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten verankern.
3. Die aktuellen EuGH-Urteile bezüglich des Zeitpunkts der Minderjährigkeit für volljährig werdende und bereits im Verfahren volljährig gewordene Minderjährige umsetzen.
4. Administrative Hürden im Visumsverfahren durch digitale Antragstellung und ausreichende Finanzierung abbauen.
5. Das Erfordernis von Sprachkenntnissen vor der Einreise generell abschaffen.