Entwurf eines Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetzes – VRUG

Das Bundesministerium der Justiz hat einen Referentenentwurf zum Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz vorgelegt.

Durch Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher soll unionsweit der Schutz der Verbraucher*innen gestärkt werden. Der Anwendungsbereich der Verbandsklagenrichtlinie ist weiter als durch die bisherige Richtlinie. Neben der bisherigen Unterlassungsklage (Beendigung von Zuwiderhandlungen gegen Verbraucherrechte) soll die Möglichkeit einer Abhilfeklage (Durchsetzung von Verbraucherrechten) geschaffen werden. Abhilfeklagen sind im deutschen Recht neu. Daher müssen neue Regelungen für Abhilfeklagen durch Verbände geschaffen werden. Diese sollen im Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz  (VDuG) gebündelt sein. Die bestehenden Regelungen aus der ZPO über die Musterfeststellungsklage soll in dem neuen VDuG integriert werden. Mit der Abhilfeklage sollen individuelle Rechte von Verbraucher*innen gegen Unternehmer durchgesetzt werden können, die durch Verstöße der Unternehmer entstanden sind. Es können nicht nur Zahlungsanträge gestellt werden, sondern auch Anträge, mit denen die Verurteilung zu einer anderen Leistung angestrebt wird.

Der Gesetzentwurf sieht u.a. vor:

VDuG (Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz)

Gegenstand der Abhilfeklage sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die Ansprüche und Rechtsverhältnisse einer Vielzahl von Verbrauchern gegen einen Unternehmer betreffen. Dagegen kann Abhilfeklage und Musterfeststellungklage erhoben werden. Arbeitsrechtliche Streitigkeiten können nicht mit Abhilfe- oder Musterfeststellungsklagen nach diesem Gesetz verfolgt werden.

Gemäß § 1 Abs. 2 VDuG-E sind kleine Unternehmen Verbrauchern gleichgestellt und erhalten im Verbandsklageverfahren die Stellung von Verbrauchern, wenn sie weniger als 50 Personen beschäftigen und der Jahresumsatz kleiner als 10 Millionen € ist.

Die klageberechtigten Stellen sind in § 2 VDuG-E aufgeführt. Folgende Voraussetzung müssen gegeben sein, um als qualifizierte Verbraucherverbände klageberechtigt zu sein:

  1. als Mitglieder mindestens zehn Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 350 natürliche Personen haben,
  2. mindestens vier Jahre in der Liste nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind,
  3. in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgabe Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehmen,
  4. Verbandsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erheben und
  5. nicht mehr als 5 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unter-nehmen beziehen.

Ist die Abhilfeklage erfolgreich, ergeht zunächst ein Grundurteil, in dem nur die Haftungsparameter festgelegt werden. Anschließend erhält der verurteilte Unternehmer*in die Möglichkeit, die Erfüllung der Ansprüche selbst zu organisieren (sog. Vergleichsphase). Gelingt den Parteien keine Einigung, folgt ein Abhilfeendurteil, in dem bei Zahlungsansprüchen der Unternehmer*in zur Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrags verurteilt wird. Die Verteilung dieses Betrags an den berechtigten Verbraucher*innen erfolgt durch einen Sachwalter*in in einem sog. Umsetzungsverfahren.

Es wird ein Verbandsklageregister beim Bundesamt für Justiz geführt. In Artikel 2 werden die notwendigen Anpassungen des Registers in der Verbandsklageregisterverordnung getroffen.

Änderungen des Unterlassungsklagengesetzes

Die Bestimmungen der Verbandsklagenrichtlinie über Verbandsklagen, die auf Unterlassungsentscheidungen gerichtet sind, sollen im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt und nicht in das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz aufgenommen werden.

Beachtet werden sollte, dass der in § 2 Abs. 2 UKlaG-E genannte Katalog der erfassten Verbraucherschutzgesetze neu gefasst wird. Genannt werden u.a. Kaufverträge, Teilzeit-Wohnrechteverträge, WBVG, Rechte von behinderten Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität, Gasgrundversorgungverordnung und Stromgrundversorgungsverordnung,

Die bisherigen Kriterien für die Anerkennung der qualifizierten Verbraucherverbände soll unverändert beibehalten werden. Es sind derzeit mehr als 70 Vereine in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste nach § 4 UKlaG eingetragen. Diese sollen auch weiterhin die Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz durchsetzen können.

Statt der Landgerichte sollen künftig für Unterlassungsklagen die Oberlandesgerichte zuständig sein.

Änderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes

§ 32 Abs. 1 Satz 2 BFSG-E sieht vor, dass der Verbraucher das Recht hat, einen nach § 15 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannten Verband oder eine Stelle nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Unterlassungsklagengesetzes zu beauftragen, in seinem Namen oder an seiner Stelle die Einleitung des Verfahrens nach Satz 1 zu beantragen.

Die gesetzlichen Regelungen zur Richtlinienumsetzung sollen entsprechend der Richtlinienvorgabe am 25. Juni 2023 in Kraft treten.

Das Ministerium ist an kurzfristigen Rückmeldungen interessiert, u.a. zu der Frage nach den Anforderungen an die Klagebefugnis nationaler qualifizierter Einrichtungen für Musterfeststellungs- und Abhilfeklagen.