Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hat am 19.12.2023 mit ausgewählten Verbänden in einem Fachgespräch Überlegungen zu einem Pflegekompetenzgesetz erörtert. Der Paritätische war für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vertreten. Die Eckpunkte für das Gesetz, die vor dem Gespräch nicht bekannt waren, wurden im Anschluss veröffentlicht.
Der Pflegeberuf soll durch erweiterte Kompetenzen attraktiver gestaltet werden. Es geht vor dem Hintergrund des Mangels an personellen Ressourcen in Zukunft aber auch darum, Aufgaben berufsgruppenübergreifend effektiver aufzuteilen. Das Gesetzgebungsverfahren soll in der ersten Jahreshälfte 2024 angestoßen werden. Pflegekräfte können nach diesen Vorstellungen in Zukunft bspw. eigenständig in der Wundversorgung und Ernährungsberatung agieren sowie Katheter legen. Fachkräfte mit Zusatzausbildung sollen bei der Therapie von Demenzpatienten mitwirken, und solche mit akademischem Abschluss selbst Hilfsmittel und Medikamente verschreiben und sogar Gesundheitspraxen oder kleine Krankenhäuser leiten dürfen. Pflegefachkräfte sollen unabhängig von Ärzt*innen selbstständiger entscheiden und therapieren dürfen. Dazu gehört z.B. auch die eigenständige Entscheidung über bestimmte Verbandsstoffe und Salben. Geprüft werden soll den Eckpunkten zufolge, ob Pflegekräfte in Zukunft auch die Einstufung der Pflegebedürftigkeit übernehmen können. Strukturell soll die zentrale berufsständische Vertretung des Pflegeberufs gestärkt werden. Diese soll mit Befugnissen zur Weiterentwicklung des Berufsverständnisses und der Berufsrollen ausgestattet werden - vorrangig in Fragen des Beruferechts, der Bildung und in fachlichen Versorgungsfragen, wie z.B. Leitlinien.
Der Vorstoß des Ministers, der mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) abgestimmt ist, wurde von allen Beteiligten weitestgehend begrüßt und in vielen Punkten als bahnbrechend bewertet.
Berücksichtigt werden muss allerdings, dass zum Einsatz der vorhanden und zukünftigen Kompetenzen von Pflegefachkräften Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die es erlauben, dass Pflegekräfte mehr Zeit für ihre Arbeitsabläufe haben und dass die Ausgestaltung des Leistungserbringungsrechts entsprechend erfolgt. In der Ausgestaltung muss reflektiert werden, dass der akute Personalmangel einer bloßen Übernahme von mehr Aufgaben entgegensteht. Ferner wäre es erforderlich, dass entbürokratisiert wird. Es sollten unmittelbar nur noch Entscheidungen getroffen werden die mindestens nach dem Prinzip "One in, one out" erfolgen - besser wäre aber ein Rückbau der Bürokratie. Angekündigt wurde in diesem Zusammenhang ein Entbürokratisierungsgesetz. Die "vorläufigen" veröffentlichten Eckpunkte finden Sie auch hier.