Mit Ablauf der Übergangsreglung in der Häusliche Krankenpflege-Richtlinie ist die Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege ab 31. Oktober 2023 verbindlich anzuwenden. Zugleich entfällt der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege über die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie; dieser Passus wird dort nach dem 30. Oktober 2023 gestrichen. Verbände sehen die Versorgung der AKI-Patientinnen und Patienten in Gefahr.
Der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege beruht seit Oktober 2020 auf einer neuen gesetzlichen Grundlage: § 37c SGB V. Die konkreten Regelungen zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben wurden über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Form einer Richtlinie („Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie“) beschlossen. Mit Ablauf der Übergangsreglung in der Häusliche Krankenpflege-Richtlinie ist die Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege ab 31. Oktober 2023 verbindlich anzuwenden. Zugleich entfällt der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege über die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie; dieser Passus wird dort nach dem 30. Oktober 2023 gestrichen.
Die neuen Regelungen sehen u. a. vor, dass bei beatmeten oder trachealkanülierten Patientinnen und Patienten vor jeder Verordnung von außerklinischer Intensivpflege eine sogenannte Potenzialerhebung stattfinden muss. Dabei wird geprüft, ob eine vollständige Entwöhnung der Patientinnen und Patienten oder ihre Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung bzw. die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist.
Viele Betroffene beklagen, dass eine flächendeckende Versorgung der von der AKI betroffenen Leistungsberechtigten bis zum 31. Oktober 2023 nicht sichergestellt werden kann. Sowohl Ärztinnen und Ärzte, die zukünftig nach den Regelungen der AKI-RL verordnen, als auch die Ärztinnen und Ärzte, welche die vor der Verordnung erforderliche Potenzialerhebung durchführen sollen, stehen bisher noch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung.
Die Arztsuche im Gesundheitsportal des Bundes (https://gesund.bund.de/gesundheitsversorgung/besondere-themen/ausserklinische-intensivpflege) listet nach Angabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom Juni 2023 bundesweit 591 verordnende Hausärztinnen und Hausärzte auf. Fachärztinnen und Fachärzte, die für die Verordnung tatsächlich zur Verfügung stehen, werden nicht veröffentlicht, allerdings waren diese bisher auch nur zu einem sehr geringen Anteil an der Versorgung der Patientengruppe beteiligt. Dem gegenüber stehen ca. 22.000 aufwendig versorgte Patientinnen und Patienten mit Bedarf an außerklinischer Intensivpflege. Fehlende oder unzureichende Barrierefreiheit der Praxen schränkt die Suche für die mobilitätseingeschränkten Menschen weiter ein. Eine gültige Verordnung ist aber Voraussetzung für die sofortige pflegerische Intervention bei den in dieser Patientengruppe täglich auftretenden lebensbedrohlichen Situationen.
Aufgrund der besorgniserregenden Situation fehlender verordnender Ärztinnen und Ärzten hat die Patientenvertretung am 20.7.2023 im G-BA einen Antrag auf eine Verlängerung der Übergangsregelung gestellt, der leider seitens der Vertreterinnen und Vertreter im G-BA abgelehnt wurde. Damit wird die AKI-Richtlinie zum 31.10.2023 in Kraft treten.
Mit einem weiteren Antrag konnte die Patientenvertretung zumindest die Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen insofern vorübergehend sicherstellen, dass für sie bis Ende 2024 eine Ausnahmeregelung für die vom Gesetzgeber vorgesehene Potenzialerhebung gilt. Somit kann außerklinische Intensivpflege für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene noch bis Ende 2024 ausnahmsweise auch ohne Prüfung des Entwöhnungspotenzials weiterverordnet werden, sofern keine qualifizierten Fachärztinnen und Fachärzte für eine Potenzialerhebung verfügbar sind.
Auch wurde der Kreis der Ärztinnen und Ärzte, die außerklinische Intensivpflege bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verordnen dürfen, erweitert. Eine Befugnis zur Potenzialerhebung speziell bei beatmungspflichtigen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen können – neben Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin – nun auch weitere Fachpersonen anderer Facharztgruppen bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragen. Voraussetzung für alle Potenzialerhebenden ist eine pneumologische Zusatzqualifikation oder der Nachweis mehrmonatiger Berufserfahrung in der Behandlung der spezifischen Patientengruppe in hierfür spezialisierten Einrichtungen.
Neben den in der AKI-Richtlinie (§ 9) genannten Fachrichtungen dürfen weitere Ärztinnen und Ärzte bei ihrer KV eine Verordnungsberechtigung beantragen. Sie kann immer dann erteilt werden, wenn nachweislich Kompetenzen im Umgang mit beatmeten und trachealkanülierten Versicherten bestehen. So können auch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte anderer Facharztgruppen, die diese Versicherten bereits heute betreuen, weiterhin in der Versorgung gehalten werden.
Die beschlossenen Änderungen in der AKI-Richtlinie traten am 15. September 2023 in Kraft.
Trotz der Änderungen in der AKI-Richtlinie kritisieren mehrere Betroffenen- und Fachverbände die aktuellen Vorgaben zur AKI und fordern den Gesetzgeber zu Nachbesserungen auf. In einer am 19. September 2023 veröffentlichten Erklärung weisen sie darauf hin, dass das Gesetz in § 37c SGB V zu Rechtsunklarheit sowie zu Fehlentwicklungen, Leistungsverschiebungen und Versorgungsproblemen führt. Nach ihrer Einschätzung verkleinert sich der bislang leistungsberechtigte Personenkreis und die rechtssichere Verordnung von AKI wird durch unklare Voraussetzungen gefährdet. Auch ist die Leistungserbringung von AKI im Rahmen eines Persönlichen Budgets künftig nicht mehr gewährleistet.
Die Erklärung der Verbände ist auf dieser Seite verlinkt.